Freitag, 7. Oktober 2011

Schuldenkrise: IWF-Berater warnt vor Banken-Domino in Europa

Die Euro-Krise hat nun auch die Banken voll erfasst. Der Berater des Internationalen Währungsfonds, Robert Shapiro, fordert nun eine schnelles Handeln der Politiker. Er gibt ihnen maximal drei Wochen Zeit für einen überzeugenden Plan.
 Noch vor einer Woche tat die Politik so, als wüsste sie einen Ausweg aus der Euro-Krise, als habe sie einen Plan. Mit großer Mehrheit stimmte der Bundestag der Ausweitung des Rettungsschirmes zu – Deutschland gibt im EFSF nun Garantien in Höhe von 211 Milliarden Euro.

Mit dem Rettungsschirm und später mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus werde Europa zu einem stabilen Euro und Wirtschaftswachstum zurückkehren, beteuerte die Bundesregierung.
Doch dann geschah das Unerwartete. Die französisch-belgische Großbank Dexia kippte. Die Dexia ist nicht irgendeine Provinzbank, sondern beschäftigt 35.000 Mitarbeiter und ist im großen Stil in Griechenland engagiert. Genau das soll ihr zum Verhängnis geworden sein – obwohl der griechische Staat doch mit Milliardenhilfen aus der Eurozone gestützt wird.
Riesige Beträge flossen von den Dexia-Konten. Und der Kollaps war nur dadurch zu verhindern, dass Frankreich und Belgien Staatsgarantien für die Kundeneinlagen abgaben.
Aber gerettet ist die Dexia-Gruppe deshalb noch lange nicht. Hartnäckig halten sich Spekulationen, die Bank könnte doch noch zerschlagen werden. Erinnerungen an die Lehman-Pleite werden wach, und die anderen europäischen Banken bekommen es mit der Angst zu tun. Denn die Ansteckungsgefahr einer Dexia-Pleite ist offenbar groß. In diesem Zusammenhang werden die französischen Banken Société Générale und BNP Paribas genannt. Sollten auch die beiden ins Wanken geraten, wäre der französische Staat mit der Rettung vermutlich überfordert. Deshalb will die französische Regierung Geld aus dem Rettungsschirm für die eigenen Banken abzweigen. Deutsches Geld für französische Banken, so hatte die Bundesregierung nicht gerechnet.
Wie brenzlig die Lage insgesamt ist, machte am Donnerstag auch das Krisen-Treffen von Kanzlerin Angela Merkel mit den Chefs von Weltbank, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) in Berlin deutlich.

Bankenkrise wie 2008 verhindern

Merkel kündigte eine rasche Milliardenhilfe für Europas Banken an, damit eine Bankenkrise wie 2008 verhindert werde. Aber die Frage, wie es eigentlich schon wieder soweit kommen konnte, warum nach all den bestandenen Stresstests und Milliardenhilfen für kriselnde Staaten nun auf einmal wieder Banken Hilfe brauchen, wurde nicht beantwortet.
Merkel sagte lediglich, die Politik müsse den Rat der Fachleute, die Banken mit frischem Geld zu versorgen, „sehr ernst nehmen“. „Ich glaube, wenn die Notwendigkeit dafür besteht, dann ist es vernünftig investiertes Geld, und dann sollten wir nicht zögern, weil die Schäden, die sonst auftreten, um Größenordnungen höher sind.“
Bislang sind die Größenordnungen von Monat zu Monat gewachsen. Der EFSF war noch nicht beschlossen, da stand schon fest, dass er auf sagenhafte zwei Billionen Euro „gehebelt“ werden soll. Inzwischen füttern die Staats- und Regierungschefs die Finanzmärkte mit Summen, von denen jeder weiß, dass sie wohl niemals zurückgezahlt werden können.
Eine Studie der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit dem Titel „Die wirklichen Auswirkungen der Schulden“ belegt, dass viele Länder die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bereits überschritten haben. Darin werden die Schuldendaten von 18 OECD-Ländern analysiert.

Europäische Zentralbank kauft wieder Pfandbriefe

Bei neun liegen die Staatsschulden über der Schmerzgrenze von 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts: USA, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada, Belgien, Griechenland und Portugal. „Luft für großartige fiskalische Maßnahmen gibt es nicht mehr. Das gilt im Übrigen auch für diverse Rettungsmaßnahmen und Bailouts von Randländern“, schreibt der Journalist und Blogger Markus Gaertner, der die Studie ausgegraben hat.
Trotzdem wird weiter fleißig Geld gedruckt. Damit die Banken flüssig bleiben, kauft die Europäische Zentralbank wieder Pfandbriefe. Die Bank von England erhöht ihren Einsatz im Krisenpoker um 75 Milliarden Pfund.
IWF
Foto: Bloomberg News
Robert Shapiro sagt Europas Zusammenbruch voraus
Wo um Himmels Willen soll das hinführen? Der Berater des Internationalen Währungsfonds, Robert Shapiro, gab BBC-Journalisten darauf jetzt eine mehr als erschreckende Antwort. „Wenn sie (die Politiker) nicht in der Lage sind, die Finanzkrise auf eine glaubwürdige Art anzugehen, dann werden wir, so denke ich, vielleicht innerhalb von zwei bis drei Wochen einen Zusammenbruch bei den Staatsschulden haben, was im gesamten europäischen Bankensystem zu einer Kernschmelze führen wird. Wir sprechen hier nicht nur von einer relativ kleinen belgischen Bank, wir sprechen von den größten Banken der Welt, den größten Banken in Deutschland, den größten Banken in Frankreich. Das wird auf Großbritannien überspringen, es wird überallhin springen, weil das weltweite Finanzsystem so stark miteinander vernetzt ist.“
Die Politik braucht einen überzeugenden Plan, sagt Shapiro und drückt damit indirekt das aus, was die meisten befürchten. Dass nämlich die Politik in Wahrheit keinen Plan hat, wie sie diese Krise in den Griff bekommen soll.
Weil dies so ist, werden die Politiker nun nicht mehr nur von den Finanzmärkten unter Druck gesetzt, inzwischen organisieren Bürger in den USA und Europa ihren Protest. Die Bewegung „Occupy Wallstreet“ wächst täglich und hat schon Ableger in vielen deutschen Großstädten.
Ihr Protest richtet sich gegen eine Diktatur der Politik durch die Finanzmärkte und gegen jene Staats- und Regierungschefs, die das mit sich machen lassen. Sie protestieren gegen politische Führer, die Milliarden verbrennen, aber unfähig sind, den Menschen Arbeit und Sicherheit zu bieten. Besonders in den USA sorgt die Verelendung der Unterschicht zu wachsenden Spannungen. Dort bereitet sich das Militär angeblich bereits auf soziale Unruhen vor.
(http://www.morgenpost.de/wirtschaft/article1786904/IWF-Berater-warnt-vor-Banken-Domino-in-Europa.html)

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